GLÄSERNE PRUNKBAUTEN

Es waren meist repräsentative Bauten, entwickelt aus den Gewächshäusern der im 16. Jahrhundert vielerorts gegründeten botanischen Gärten.

In den Schloßgärten erfüllten diese botanischen Zweckbauten dann bald auch andere Funktionen: Man »parlierte« und »promenierte« zwischen den exotischen Gewächsen, man musizierte und dinierte, tanzte und feierte dort.

Mit dem Aufkommen eines wohlhabenden Bürgertums und der neuen Möglichkeit zur industriellen Fertigung größerer Glasscheiben verbreiteten sich die Wintergärten im 19.Jahrhundert dann auch mehr und mehr in den Städten Mitteleuropas.

Aber nicht nur die »besseren« Wohnbereiche der Städte wurden zunehmend von den gläsernen Schmuckstücken bürgerlicher Kultur geprägt, auch bei öffentlichen Bauten zeichnete sich ein Wandel ab, der schließlich zu einem wahren Boom der Glasarchitektur führen sollte:

1851 wurde mitten im Londoner Hyde Park » das größte Gebäude der Welt« nach dem Wunsch der Königlichen Kommission errichtet: eine Grundfläche von 607m x 133m, in 36m Höhe überwölbt von einer hölzernen Dachkonstruktion auf filigranen eisernen Säulen und Trägern und bedeckt von 83.600 qm Glas!

Der technisch perfekte und zugleich ästhetische Bau des Architekten und Botanikers Sir Joseph Paxton zur Londoner Weltausstellung kreierte eine weltweite Mode: In ganz Europa, in Amerika wie Australien wurden ähnliche »Kristallpaläste« errichtet - riesige Ausstellungsgebäude, aber auch Aquarien, Einkaufspassagen, Markt- und Bahnhofshallen.

»Kristallpalast« der Industrieausstellung London 1851
Photo Deutsches Museum München
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Halle des Gartenbaus auf der Jubiläumsausstellung (100 Jahre amerikanische Unabhängikeit, Philadelphia 1876

 

Die Verwendung industriell vorgefertigter Teile erlebte hier einen ersten architektonischen Höhepunkt, doch sie führte auch im Bereich der wesentlich kleiner dimensionierten Glashäuser zu heute ganz überraschenden Erfolgen:

Wintergärten aus Gußeisen oder Glas wurden vorgefertigt und per Katalog angeboten - komplette »Baukästen« mit Grundausstattung, ergänzbar durch Lampen, Treppen und diverse dekorative Elemente. Schließlich gehörte ein Wintergarten - oder wenigstens eine verglaste Veranda - zu Jedem vornehmeren bürgerlichen Haus wie zu Jedem besseren Hotel oder Restaurant, und selbst (Ozeanriesen waren mit palmenbesetzten Wintergärten für ihre Luxuspassagiere ausgestattet.

 

Vorgefertigter Wintergarten aus Gußeisen und Glas.
Katalog der Eisenwerke Fried.Wilh.Düker, Laufach, um 1900.
Mit freundlicher Genehmigung der Geschäftsleitung.
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