Der Wintergarten verdankt seinen Namen
seiner ursprünglichen
Funktion – der Überwinterung von frostempfindlichen Pflanzen. Später
entdeckten Menschen die wohnlichen Qualitäten des hellen, von Glas
umschlossenen Raums. Der Wintergarten gewann ein eigenständiges Profil
gegenüber seinen Verwandten, dem Gewächshaus und dem Treibhaus. Im
Gegensatz zu diesen nutzt man den Wintergarten allerdings nur
eingeschränkt, vornehmlich gerade nicht im Winter – beheizte Varianten
ausgenommen.Die Entstehung eines
gläsernen Lebensraums
Die Idee, einen Hauswintergarten als Verbindungsglied zwischen
Wohnraum und Garten zu schaffen, entstand Ende des 18. Jahrhunderts in
England. Klimatische Verhältnisse auf der einen und gesellschaftliche
Konventionen auf der anderen Seite trieben die Entwicklung voran. Wer
es sich leisten konnte und die Repräsentationswirkung schätzte,
vereinnahmte den bis dato Pflanzen vorbehaltenen Raum für sich. Und
man wählte seine Pflanzen weniger nach nützlichen als viel mehr nach
dekorativen Gesichtspunkten aus – häufig als Anspielung auf die Welt
umspannenden kolonialen Besitzungen des Empires. Den geschützten
Grünraum konnten sich allerdings nur wenige reiche Familien leisten.
Der Grund: Glas war ein aufwändig herzustellendes Material und
entsprechend teuer.
Glasherstellung und Wintergartenbau
Das änderte sich, als Glas aufgrund neuer Herstellungs-verfahren
billiger wurde. Der Wintergarten „boomte“ in weiten Kreisen des
Bürgertums. Eine Baubewegung, die nicht zuletzt aus grandiosen
Glasbauten wie dem Palmenhaus von Joseph Paxton ihren Nährboden zog.
Paxton entwickelte sein imposantes Gebäude für die Weltausstellung
1851. Der vollständig aus Eisen und Glas konstruierte Komplex fand als
Londoner ›Kristallpalast‹ viele Bewunderer. In der Folge wandelten die
Bürger nahezu jeder größeren europäischen Stadt unter Glas und Palmen.
Aber auch der kleinere, private Wintergarten wurde begeistert kopiert:
Besonders in Bremen mit seinen traditionell guten Kontakten nach
Großbritannien bedienten sich die Architekten der Idee des Glasanbaus
und bauten elegante Veranden und Wintergärten an die Wohnhäuser der
damaligen Zeit.
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Der Wintergarten in Bremen
Die Sehnsucht nach Pflanzen ist ›tief verwurzelt‹. Inzwischen gibt
es zahlreiche wissenschaftliche Studien über den positiven
Einfluss der stillen, grünen Begleiter im menschlichen Leben.
Glücklich der, der einen Wintergarten hat.
Die andere Seite der Medaille: Der historische Wintergarten des
Bremer Hauses ist pflegeaufwendig. Wo Kitt bröckelt entstehen
Undichtigkeiten, zerbrochenes Glas wurde häufig nicht oder durch Pappe
ersetzt. Und der Reinigungsaufwand der zahlreichen kleinen
Glasscheiben ist erheblich. So gesehen ist er ein Raum für
kostspielige Nostalgie. Da tröstet es, dass der unbeheizte
Wintergarten sich positiv auf die Gesamtenergiebilanz des Hauses
auswirkt. Er ist ein sinnvoller Klimapuffer zwischen Wohn- und
Außenraum.
Wer den Wintergarten hingegen durch alle Jahreszeiten nutzt und
heizt, verschlechtert in der Regel die Energiebilanz des Hauses. Hier
können teilweise Energieverluste durch eine fachgerechte Bodendämmung
und sehr gutes Isolierglas aufgefangen werden. Andere Faktoren wie
Himmelsausrichtung, Verschattung durch Bäume, Be- und Entlüftung und
nicht zuletzt die Nutzung können ebenfalls helfen, das
Wintergartenklima positiv zu beeinflussen.
So bleibt der Wintergarten für viele Bremer eine erstrebenswerte
Ergänzung am Haus, wofür auch spricht, dass viele ehemals offene
Veranden mit viel Liebe zum Detail zu geschlossenen Wintergärten
ausgebaut wurden. Das kann aber auch am berüchtigten ›Bremer Wetter‹
liegen. |