mi – ka – do

oder

von der Kunst, Kunden zu halten.

II

...gleich zum III-ten Teil
 

 

die Beteiligten:

Herr Münch

Center-Call-Agent*

* ist zwar falsch rum, aber die Karten waren schon gedruckt

Herr Schild

Fensterentwicklungsassistent

 
     

Herr Hausen

Fenstersystementwickler

 
     

Herr Bürger

Beschaffungsberater

 
     

mi-ka-do

systemübergreifendes multifunktionales Fenster*

* kann auch als Tür eingesetzt werden;
dann muß allerdings "die" Schraube (ich weiß im Moment nicht genau wo sie sitzt – sie ist jedoch mit NA1 gekennzeichnet, NA steht für Nagel, die Abkürzung für Schraube war schon anderweitig belegt) mit einer Mutter gesichert werden.

Schild, Fensterentwicklungsassistent

und einige Kunden


 

>Was??<

antwortet Herr Münch gereizt

Selten wurden so viele negative Emotionen in einen Ausruf konzentriert:
Angst, Verzweiflung, Wut, Erschöpfung....

 

>Da hat ein Kunde seinen Griff zurückgeschickt...<
wiederholt Herr Bürger ungerührt.

Er steht mit einem Gegenstand in der Hand vorwurfsvoll blickend in der Tür zum angrenzenden Büro.

>...ruf da doch mal an und frag nach, ob das sein Ernst ist -
außerdem muss uns der Kunde noch ne eidesstattliche Erklärung schicken, dass er das Fenster in Zukunft nicht mehr öffnen wird.<

 

Sie erinnern sich !?! -

Die revolutionäre Neuentwicklung??? -

Die Fenster, mit dem Griff nach außen!!!

In der Zwischenzeit wurde die anfänglichen Schwierigkeiten mit einem immensen Kraftaufwand gelöst. Herr Bürger hatte sogar eine ganze Weile eine Luftmatratze in seinem Büro. Das großzügige Blumenmuster beruhigt ungemein und sie machte sich auch gut als Deko in der sonst recht tristen Umgebung.

Nachdem sich nun die Wogen geglättet hatten, war auch schnell ein Schuldiger ausgemacht. Herr Münch hatte schließlich nicht dafür gesorgt, rechtzeitig darauf hinzuweisen, dass vor jedem Fenster, das nicht im Erdgeschoss liegt ein Balkon angebracht sein muss.

Herr Hausen hatte außerdem veranlasst, dass der gesamte Betrieb mit einer zweiflügeligen Version von mi-ka-do ausgerüstet wird. Dazu wurden zwei weitere Fensterentwicklungsassistenten und eine Glasbeschafferin eingestellt, die das Fenstersystem für die speziellen Anforderungen des Betriebes weiter entwickeln sollten. Die Betreuung der eigenen Mitarbeiter die - wen wundert's - ebenfalls Schwierigkeiten beim öffnen der Fenster hatten, wurde durch Herrn Münch sicher gestellt. Man hatte nämlich bei einer oberflächlichen Erhebung fest gestellt, dass sich die Anzahl der Anrufe sogar noch verringert hat.

Der Einwurf von Herrn Münch, das es nur daran läge, weil die einzelnen Gespräche jetzt länger dauerten und deshalb weniger pro Stunde abgewickelt werden könnten, wurde als Miesmache abgetan.

 

>Sie telefonieren im Moment doch gar nicht<

versuchte Herr Hausen das Klingeln zu übertönen.

 

Aber was hat das ganze mit dem Gegenstand in der Hand von Herrn Bürger zu tun?

Nun, wie wir wissen, gab es bei der Einführung von mi-ka-do ein paar kleine Schwierigkeiten. Herr Hausen und Herr Schild sind zunächst jedoch erst einmal in den wohlverdienten Urlaub gegangen und Herr Bürger hatte alle Hände voll zu tun, das Glas für die Fenster zu beschaffen, bruchsicher zu verpacken und zu den Kunden zu transportieren.

So hatte sich Herr Münch eine Notlösung überlegen müssen. Nach kurzer Überlegung empfahl er allen Kunden, bei Bedarf direkt neben dem Fenster auf  Höhe des Fenstergriffes eine handelsübliche Katzenklappe einzubauen, durch die man den Fenstergriff auch von innen erreichen konnte. Die Kunden von mi-ka-do akzeptierten diese Lösung, wollten jedoch weitere Anreize, da sie sonst wo anders kaufen würden. Herr Münch versprach sich kurzfristig darum zu kümmern.

Noch am selben Tag trug er die Kundenwünsche Herrn Bürger vor. Dieser stellte jedoch sofort fest, dass für eine solche Entscheidung Herr Hausen und Herr Schild anwesend sein müssen, die, wie bereits erwähnt, im Urlaub waren. Nach Ihrer Rückkehr wurde sofort über einen Termin für eine Besprechung nachgedacht und auch bald einer festgelegt, der allerdings noch zweimal verschoben werden musste. Bereits 8 Wochen nach Herrn Münchs Versprechen, sich für eine kurzfristige Lösung einzusetzen, waren alle Verantwortlichen zusammengekommen.

 

>Meine Herren, ich begrüße Sie zu unserer heutigen Besprechung<

eröffnete Herr Hausen die Sitzung, an der er selbst, Herr Bürger und Herr Schild teilnahmen.

>Wir verzichten auf ein Protokoll, Herr Münch muss ja am Telefon bleiben. Sie können ihn ja anschließend informieren, dann weiß auch jeder, was hier besprochen wurde. Um was geht es eigentlich?<

 

>Herr Hausen hat eigenmächtig die Kunden aufgefordert, Änderungen an unserem Konstruktionsprinzip vorzunehmen<

führt Herr Bürger die Anwesenden in die Problematik ein

>Er empfiehlt den Kunden eine Katzenklappe neben dem Fenster anzubringen, damit Sie - entgegen der ausgelobten Eigenschaft - die Fenster auch von innen öffnen können. Nun fordern die Kunden, diesen Mehraufwand von uns in irgend einer Weise vergütet zu bekommen.<

 

>Und - haben sie schon irgend welche Lösungen ausgearbeitet?<

fasst Herr Hausen nach.

 

Betreten blicken sich Herr Bürger und Herr Schild an:

>Durch die Notlösung von Herrn Münch bestand eigentlich kein akuter Handlungsbedarf<

warf Herr Schild ein.

 

>So, es besteht also kein Handlungsbedarf?<

stellt Herr Hausen fest.

>Und wo kaufen die Kunden die Katzenklappen???<

 

In der nächsten Sitzung nur drei Wochen später hatten sich die Beteiligten besser vorbereitet:

Herr Bürger hatte einen Lieferanten für Dunstabzugsöffnungen in Fenstern gefunden. Herr Schild hat diese Lösung aufgegriffen und modifiziert. Das ganze wird unter der Bezeichnung Fensterbetätigungsöffnung 2000 vermarktet.

Es gibt auch schon eine Weiterentwicklung, die verhindert, dass unberechtigte Personen von innen an den Griff kommen, um das Fenster zu öffnen. So wird dem Kunden nicht nur die zusätzliche Arbeit sondern auch die Materialbeschaffung abgenommen.

Als zusätzlichen Anreiz wird das Fenster nicht mehr in einem Betrag bezahlt sondern eher gemietet. Der Kunde zahlt eine monatliche Gebühr für die Nutzung des Fensters. Leider kann man das Fenster nach einer Kündigung des Nutzungsvertrages nicht einfach wieder ausbauen. Deshalb gehört ein Fenstergriff mit zum Lieferumfang, der mit der Kündigung, neben einer eidesstattlichen Erklärung das Fenster in Zukunft nicht mehr zu öffnen, eingeschickt werden muss.

 

>Sehr gut, meine Herren<

schließt Herr Hausen diese Sitzung

>und weisen Sie Herrn Münch noch einmal darauf hin, diese Eigenmächtigkeiten in Zukunft zu unterlassen.<

 

Nun sind wieder einige Tage ins Land gegangen.

Herr Bürger sitz in seinem Büro und sortiert die Tagespost. Ein Päckchen enthält einen Fenstergriff und ein Kündigungsschreiben.

>Na toll,
jetzt muss ich mich auch noch um so 'nen Kram kümmern:

Herr Münch!?!<

 

>Was??<

antwortet Herr Münch gereizt.

 

>Da hat ein Kunde seinen Griff zurückgeschickt...<

wiederholt Herr Bürger ungerührt.

Er steht mit einem Fenstergriff  in der Hand vorwurfsvoll blickend in der Tür zum angrenzenden Büro.

>...ruf da doch mal an und frag nach, ob das sein Ernst ist -
außerdem muss uns der Kunde noch ne eidesstattliche Erklärung schicken, dass er das Fenster in Zukunft nicht mehr öffnen wird.<

 

Herr Münch greift zum Telefon und wählt, bevor der nächste Anrufer durchkommen kann, die Nummer des Kunden, der gerade gekündigt hat.

>Guten Tag, Mein Name ist Münch von mi-ka-do<

 

>Was wollen Sie??<

schlägt es ihm gereizt aus dem Telefonhörer entgegen.

 

>Sie haben Ihren Fensternutzungsvertrag gekündigt,
ich würde gerne die Gründe dafür erfahren.<

 

>Bei mir ist eingebrochen worden,
alles ist weg und die Versicherung zahlt nicht, weil keine Einbruchsspuren festgestellt werden konnte.

Wie denn auch, der Einbrecher hat das Fenster einfach aufgemacht
und das trotz Fensterbetätigungsöffnung 2000 mit Sicherheitspaket.

Ich verlange Schadenersatz von Ihnen. Erst die Sache mit dem Glas, dann die dreieckige Scheibe und nun das...<

 

Herr Münch gibt die Forderungen weiter.
 Zufällig trifft er Herrn Hausen und Herrn Schild im Büro von Herrn Bürger.

>Der Kunde verlangt Schadenersatz<

berichtet Herr Münch,

>er behauptet, der Einbrecher hätte das Fenster einfach von außen aufgemacht.<

 

>Dann handelt es sich eindeutig um eine bestimmungswidrige Nutzung des Fensters, es darf schließlich nur zum lüften von außen geöffnet werden!<

stellt Herr Hausen sachkundig fest,

>da können wir nichts machen.<

 

...to be continued...